worte schön | erschöpfung

„Jedes Ding ist bestimmt durch sein Wesen, um es so zu gestalten, muß sein Wesen erforscht sein, denn es soll seinem Zweck vollendet dienen, d.h. seine Funktionen praktisch erfüllen [,dauerhaft, billig] und schön sein."
Walter Gropius
bauhaussigne

 

 

 

 

Antwort auf die (berechtigte) Frage eines Freundes: "Was ist Schönheit?"

Schönes Gesicht, schöner Körper, schöne Stimme, schöne Aussicht, schöner Klang, schönes Musikstück, schönes Gefühl, schöne Fassade, schöner Gedanke, schöne Zeit, schöne Erinnerung, schönes Haus, schönes Essen(?!), schöner Geschmack(?!), schönes Bild, schöner Film, schönes Buch, schöner Zustand, schöner Abend, schöne Party(?!), schöner Rausch, schöner Tod.

Die Schönheit ist ein Lebenswerk. Generationen haben sich an ihrer Erklärung die Zähne ausgebissen. Sie haben benannt, was ihnen schön erscheint, erklären läßt sich jedoch nur schwer, warum. Denn es handelt sich um eine „Warum-Frage", was schön ist, kann jeder für sich leicht beantworten, darum werde ich es zuerst einmal für mich.

Schön ist ein Gefühl, was in mir entsteht. Meine Sinne vermitteln mir einen Eindruck, den ich verstandesgemäß und gefühlmäßig (tolles Wort) verarbeite (toller Satz). Zwei Schwellen werden in mir überschritten. Zum einen die der Aufmerksamkeit für etwas, zum anderen die Einordnung nicht nur als interessant, sondern sogar als schön, als ästhetisch. „Schön" ist nicht gleich „ästhetisch". Dieser Schritt der Einordnung ist aber der gesuchte. Habe ich gewisse Vorstellungen darüber, was schön ist? Ich denke schon. Warum das? Liegt in mir vielleicht eine Vorstellung darüber, was überhaupt schön sein könnte? Ich war letztlich mit Freunden zusammengesessen, wir unterhielten uns über vorbeigehende Frauen, ob sie hübsch sind. Wir waren grundsätzlich ähnlicher Ansicht, im Detail jedoch vollkommen verschieden. Ich schließe daraus, daß es zwar eine gemeinsame Basis für die Menschen gibt, „schön" zu erkennen, jedoch legt auch jeder für sich selbst fest, was konkret „schön" ist. Was sind nun mögliche Kriterien? Elemente und Strukturen, Proportionen, Zusammenhänge, Klarheiten, Durchsichtigkeit, positive Überraschungen, Inspiration, Erinnerung, Zufriedenheit, Intelligenz.

Ich weiß, ich bin ratlos. Ich kann meine Kriterien nicht genau fassen, ich weiß, daß es gewisse Schemata gibt, nach denen sich Schönheit erklären läßt, jedoch sind diese nicht a priori anwendbar, sie sind Ergebnis einer Analyse, nicht Rezeptbuch. Schön allein reicht mir dennoch nicht, meine Ansprüche sind zumeist holistischer, Schönheit ist Auslöser, aber nur selten Selbstzweck. Dennoch sind gerade diese Gegenstände hochinteressant, die aus sich selbst heraus schön sind. Ein Beispiel aus meinem Bereich: Der Zeus-Tempel in Olympia (ca. 470 v. Chr.) wird als ausgesprochen schön in sich, als vollkommen beschrieben. Seine Erscheinung besticht durch ein maximales Maß an Einfachheit, daß durch seine klare Maßordnung und Proportionen gegliedert ist, dennoch steht er innerhalb einer klaren Tradition. Symmetrien wirken nicht langweilig, Rasterung birgt sogar Spannung in sich. Alle Maße basieren auf Proportionen, welche mit dem „goldenen Schnitt" zusammenhängen. Seine Existenz basiert auf dem menschlichen Körper, auf dessen Proportionen. Ein interessanter Punkt ist dabei ist der Faktor Tradition. Er weist auf die gemeinsame Basis hin, auf die Schönheit wohl aufbaut. Hier wird nicht etwas Neues aus sich heraus geschaffen, was sofort schön ist, etwas wurde optimiert, eine Grundlage wurde übernommen, etwas Allgemeingültiges als Grundlage benutzt.

Scheinbar ist es unmöglich, etwas wirklich neues als schön zu bezeichnen. Es muß sich erst messen an der Welt, an dem, was wir bereit wissen. Damit wäre Schönheit eine Frage des Vergleiches. Die Kunstgeschichte spricht von Zeiten der Archaik, der Hochform und des Niedergangs durch Überformung. Ohne Archaik, die schafft, wäre eine Hochform undenkbar, die dann Ästhetisches hervorbringt. Ohne Vergleich wahrscheinlich keine Schönheit. Nichts ist dann aus sich selbst heraus schön, nur der Vergleich macht die Einordnung möglich. Damit wäre ein bedeutendes Element die Hierarchie, wir bilden eine Rangordnung der Dinge, die wir schön finden.